Ausführliche Vereinsgeschichte des Musikverein Marktleugast
Der Ursprung der Marktleugaster Musik reicht schon einige Jahrhunderte zurück. Schon seit Bestehen der beiden Kirchen in Marienweiher und Marktleugast gab es Musikanten, die hauptsächlich die Kirchenfeste Musikalisch umrahmten. Die Kirchenmusiker waren meist Handweber, die einen, zu jedem Weberhäuschen gehörenden kleinen Acker besaßen, von dessen Ertrag sie sich gerade eine oder zwei Ziegen halten konnten. Die Kirchenverwaltung stellte ihnen deshalb für ihre Musiktätigkeit sogenannte „Fleckenwiesla“ unentgeltlich zur Verfügung. Die Instrumente damals waren im Eigentum der Kirchen.
Im Laufe der Zeit entwickelten sich dann in Marktleugast und Marienweiher mehrere Musikkapellen, die zum Tanz bei Kirchweihfesten und sonstigen Anlässen musizierten. Es waren aber alles noch kleinere Gruppen, die meist mit Streichinstrumenten aufspielten.
Als dann im vorigen Jahrhundert ein Verein nach dem andern gegründet wurde, hat man erstmals im Jahr 1895 einen Musikverein ins Leben gerufen. Der damalige Initiator und Vorstand war ein gewisser Matthäus Griesinger. Der Name Döring war zur damaligen Zeit der am meist vertretene unter den Musikern.
Es ist deshalb auch nicht verwunderlich, daß zwei Nachkommen aus diesen bekannten Musikerfamilien bei berühmten Orchestern tätig waren. Professor Fritz Rucker war als Flötist an der Dresdener Staatsoper und Kammermusiker Fritz Döring war als Geiger zunächst ebenfalls an der Staatsoper Dresden und später dann an der Münchener Staatsoper.
Leider währte die Einigkeit im Musikverein nicht sehr lange. Um die Jahrhundertwende gab es allein in Marktleugast vier Musikkapellen. Die Musiker waren meist Handweber, die sich ihren damals sehr kargen Verdienst durch Musizieren etwas aufbesserten. Wenn damals der Vater vom „Kirchweihspielen“ nach Hause kam und einen Rucksack voll „Kerwaküchla“ mitbrachte, warteten schon viele hungrige Mäuler darauf. Und wenn er als Entgelt gar noch einen blanken Taler in der Tasche hatte, konnte er sich am nächsten Tag eine Maß Bier extra leisten.
Bis zum Beginn des 2. Weltkrieges existierten noch zwei Kapellen. Die sogenannten „Alten“ unter Kapellmeister Johann Döring — genannt „Paula Hans“ -, der ein sehr begabter Klarinettist war, und die Kapelle Schramm unter ihren Kapellmeister Fritz Schramm, der ein ebenso begabter Trompeter war.
Der 2. Weltkrieg hatte dann große Lücken in die Reihen der Musikkameraden gerissen. So kam es 1945 wieder zur Einigung: man spielte gemeinsam unter Kapellmeister Fritz Schramm wieder in einer Kapelle.
Beim ersten Musikfest nach der Währungsreform in Neuses bei Kronach konnte man damals in der Gruppe II, in der fast 20 Kapellen spielten, mit der Ouvertüre „Venedig in Wien“ den 2. Preis erringen. Im Jahr 1953 trat Fritz Schramm als Kapellmeister zurück und Martin Schramm, der spätere Leiter des Spielmannszuges übernahm die Kapelle und führte sie bis 1957.
Ab 1957 stand die Musikkapelle Marktleugast unter der Leitung von Robert Hofmann, der in seiner über 30jährigen Dirigentenzeit den ‑Musikverein weit über die Grenzen der Gemeinde und des Landkreises hinaus bekannt gemacht hat.
Auf Drängen von Robert Hofmann kam es 1965 zur Wiedergründung der Musikkapelle von 1895. 22 aktive und 20 passive Mitglieder wählten am 6. Januar 1965 folgende Vorstandschaft:
- 1. Vorstand und Kapellmeister Robert Hofmann
- 2. Vorstand Josef Märkl
- Schriftführer
und Kassier Hans Huber
In den Vereinsausschuß wurden gewählt: Alfons Hummer, Adolf Vogel, Martin Schramm, Adam Schmitt, Lorenz Fritsch und Bernhard Scherdel. Zum 2. Kapellmeister wurde Karl Goller bestimmt. Als Vereinsdiener fungierte Karl Greim. Gleichzeitig wurde beschlossen, dem Nordbayerischen Musikbund beizutreten.
Am 30.05.1965 nahm die Kapelle am „Zweiten internationalen bayerischen Landesmusikfest“ in Erlangen teil. Im Konzertwettbewerb konnten die 22 Musiker unter Kapellmeister Robert Hofmann mit dem Wertungsstück „Phantasie aus Freischütz“ von Karl Maria v. Weber in der Mittelstufe einen 1. Rang erreichen.
Eine Streichmusikgruppe wurde am 11.09.1965 gebildet, die ihren ersten auftritt bei der Marktleugaster Kirchweih hatte. In der folgenden Jahren wurden mehrere Konzertabende veranstaltet, die sich allgemeiner Beliebtheit unter der Bevölkerung erfreuten.
Der 13. Mai 1967 wäre fast zu einem verhängnisvollen Tag für den Musikverein geworden. Beim 40jährigen Jubiläum des FC Marktleugast geriet die hintere Zeltwand beim Musikpodium in Brand. Durch das beherzte Eingreifen einiger Festbesucher konnte eine größere Katastrophe jedoch verhindert werden.
Am 03. September des gleichen Jahres nahm man am Bundesbezirksmusikfest der Oberpfalz in Neuhaus a.d. Pegnitz teil und konnte mit dem Wertungsstück „Melodienfolge aus der Operette Der Vogelhändler“ wieder einen 1. Rang in der Mittelstufe erreichen.
Die gleichen Erfolge gelangen 1969 beim Bundesbezirksmusikfest in Auerbach/Oberpfalz mit der Ouvertüre „Bergheimat—–2 und 1970 beim Bundesbezirksmusikfest in Mainleus mit der Ouvertüre „Fröhliche Spielleut“.
Vom 21. bis 23. August 1970 feierte man das 75jährige Bestehen verbunden mit einem Kreismusikfest. Trotz heftiger Regenfälle wurde das Fest von der Bevölkerung gut besucht und der Musikverein konnte mit dem Festverlauf sehr zufrieden sein.
Im Jahre 1971 traten dann die ersten Nachwuchsprobleme auf. Die Verantwortlichen begannen daraufhin intensiv mit der Nachwuchsarbeit und schon bald konnte eine erste kleine Spielgruppe aufgestellt werden. In diesem Jahr wurde der Grundstein der späteren Jugendkapelle gelegt.
1973 war es dann so weit: Die Jugendkapelle hatte ihren ersten Auftritt. Das Jahr 1973 brachte auch für Robert Hofmann ein weiteres Ehrenamt: Er wurde zum Kreisvorsitzenden des Kreises Kulmbach im Nordbayerischen Musikbund gewählt.
Am ersten Wertungsspiel nahm die Jugendkapelle beim Bundesbezirksmusikfest in Ludwigschorgast 1977 teil. Mit der Ouvertüre „Pacific Grandeur“ konnte ein 1. Rang mit Auszeichnung erspielt werden.
Die nächsten beiden Jahre waren vor allem für den 1. Vorsitzenden und Kapellmeister Robert Hofmann von Bedeutung.
1978 überreichte ihm der Regierungspräsident von Oberfranken, Wolfgang Winkler, das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland. Durch die Verleihung erfuhr Robert Hofmann endlich die Ehrung, die ihm aufgrund seines unermüdlichen Wirkens und seiner großen Verdienste um die Musik und den Gesang schon seit langem zustand.
Ein Jahr später, im Jahr 1979, wurde er schließlich zum stellvertretenden Bezirksvorsitzenden im Nordbayerischen Musikbund gewählt.
Beim Bundesbezirksmusikfest in Stadtsteinach 1980 errangen die Seniorenmusiker zusammen mit der Jugendkapelle einen 1. Rang mit der Ouvertüre „Bergheimat“.
Das 10jährige Bestehen der Jugendkapelle konnte 1981 gefeiert werden. Bei strahlenden Sonnenschein verliehen zahlreiche Gastkapellen und fast alle örtlichen Vereine dem Jubiläumsfest einen glanzvollen Rahmen.
In der Frankenwaldhalle Grafengehaig nahm man 1982 an zwei Tagen eine Musikcasette auf.
Einen 1. Rang mit Belobigung gab es 1983 beim Bundesbezirksmusikfest in Weismain für die Ouvertüre „Lustige Spielleut“. Ab diesem Jahr gab es auch keine eigenständige Jugendkapelle mehr. Immer mehr Mitglieder der Jugendkapelle mußten im Laufe der Zeit in die Seniorenkapelle eingebaut werden, so daß die Jugendlichen allein nicht mehr spielfähig waren. Der Zweck, weshalb eine Jugendkapelle gegründet wurde, war jedoch erreicht.: Weit mehr als 20 Musiker konnten von der Jugendkapelle in die Seniorenkapelle eingebaut und so der Bestand des Musikvereins auf lange Sicht gesichert werde.
Vom 28. bis 30. Juni 1985 feierte der Musikverein unter der Schirmherrschaft von Landrat Herbert Hofmann sein 90jähriges Bestehen. Verbunden damit war das Kreismusikfest 1985. Nicht weniger als 22 Musikvereine wollten durch einen Besuch an einem der Festtage ihre Verbundenheit zur Marktleugaster Musikkapelle dokumentieren. Den weitesten Anfahrtsweg hatte zweifellos der Musikverein Stadtkapelle Herrenberg aus Baden-Württemberg, die am Samstag und Sonntag in Marktleugast zu Gast waren. Zu dieser Musikvereinigung, der mehr als 50 Musikerinnen und Musiker angehören, pflegen die Aktiven des Musikvereins Marktleugast freundschaftliche Verbindungen, die durch regelmäßige gegenseitige Besuche zum Ausdruck kommen.
Nach 25jähriger Tätigkeit als Vorsitzender gab Robert Hofmann die Geschicke des Vereins am 6. Januar 1990 in jüngere Hände. Raimund Huber, der bereits als Geschäftsführer fungierte, führte den Verein die nächsten drei Jahre.
Zu einem festen Bestandteil im musikalischen Jahresgeschehen hat sich das „JOSEFSKONZERT“ entwickelt. Bei dieser konzertanten Veranstaltung im März eines jeden Jahres treten neben den Aktiven der Marktleugaster immer wieder befreundete Gastkapellen auf. Die sehr großen Besucherzahlen deuten auf die große Beliebtheit dieses Konzertabends hin.
Mit dem Josefskonzert am 20. März 1993 wurde nicht nur die musikalische Tätigkeit für 1993 begonnen, sondern es stand auch die Verabschiedung des langjährigen Dirigenten Robert Hofmann auf dem Programm. Rüdiger Hübschmann, der seit dem gleichen Jahr den Verein führt, würdigte die Arbeit und das große Engagement des scheidenden Dirigenten. Am 1. April 1993 hat die musikalische Leitung der Kapelle Hans-Georg Busch übernommen.
Das Jahr 1993 fand mit dem plötzlichen und unerwarteten Tod von Robert Hofmann ein trauriges Ende. Robert Hofmann, der die Musik zu seinem Lebensinhalt machte, hat mit seiner Persönlichkeit das Vereinsleben im wesentlichen mitgeprägt und den Verein jahrzehntelang mit viel Idealismus und großen Erfolg geführt. 25 Jahre als 1. Vorsitzender und mehr als 30 Jahre als Dirigent sowie zahlreiche Ehrenämter auf überörtlicher Ebene — hier insbesondere seine Tätigkeit als Kreisvorsitzender sowie stellvertretender Bezirksvorsitzender im Nordbayerischen Musikbund — wurden mit zahlreichen Ehrungen und Auszeichnungen gewürdigt. Robert Hofmann gebührt hohe Anerkennung und unser aufrichtiger Dank.
Das Wirken und die Verdienste des Vereins und seiner Verantwortlichen in den letzten 100 Jahren erfuhr auch auf Bundesebene höchste Anerkennung. So konnte Vorsitzender Rüdiger Hübschmann am 02. April 1995 beim Festakt in Fürth aus den Händen des bayerischen Kultusministers, Herrn Hans Zehetmair, die PRO MUSICA Plakette in Empfang nehmen, die höchste Auszeichnung, die einem Musikverein überhaupt verliehen werden kann.
Der Musikverein, der mit seinen fast 300 Mitgliedern zu den größten Vereinen der Marktgemeinde gehört, ist aus dem gesellschaftlichen Leben nicht mehr wegzudenken. Vereinsfeste, Festzüge, kirchliche Anlässe wie Bittgänge, Wallfahrt, Ostern und Fronleichnam sowie der Volkstrauertag und Beerdigungen werden von den Aktiven musikalisch umrahmt.
Der Musikverein 1895 Marktleugast bemüht sich weiter, mit ganzer Kraft seine Leistungen zu steigern. Im Vordergrund steht dabei nach wie vor die Jugendarbeit und die Ausbildung junger Musiker, um den Bestand der Kapelle auf Dauer zu sichern.